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Allgemeine Hinweise
Sonntag, 3. August 2008
 Blatt / Kategorie: Wege
Im Folgenden die Darstellung eines Potentials, das manchmal an meine Tür klopft und um vollen Wirklichkeitsstatus bittet. Es handelt sich um ein „verbotenes“, ein gesellschaftlich nicht akzeptiertes bzw. nur sehr begrenzt geduldetes Potential, dessen Vorhandensein fast unweigerlich als „krank“ eingestuft wird. Es geht um die Möglichkeit, bewusst, aus freier Entscheidung in den „Tod“ zu gehen.
Die zeitweilige Aufdringlichkeit dieses "Potentials" veranlasste mich dazu, für den Fall der Fälle doch wenigstens vorsorglich und stichpunktartig einen Abschiedsbrief zu schreiben. So ganz ohne einen Ton zu sagen, einfach abzuhauen, wäre ja doch zu wenig Wertschätzung für meine Mitmenschen. In diese Sinne, lediglich mit dem Anspruch der Erfüllung eines Minimums und ohne allzu viel Herzblut – wollte ich mich durch diesen Akt doch nicht näher an die Grenze zur Verwirklichung treiben –, hatte ich am 21.07. mal eine Kurzfassung notiert, die ich hier leicht modifiziert wiedergebe:

Abschiedsbrief
Wir sind nun alle mehr oder weniger gezwungen, uns der Herausforderung des folgenden Gedanken zu stellen:
„Sogar“ der Tod hat seinen Platz in einem Gefüge, das wir rundherum als „gut“ betrachten dürfen.
Man muss nicht darin vertrauen, dass es in jedem Fall so ist – aber es für möglich halten ist wichtig. Es kann bereits so viel Frieden geben. Auch der (Frei)Tod kann mit einem uneingeschränkten „okay“ ad acta gelegt werden. Habt Ihr diesen grundsätzlichen Glauben, braucht Ihr nur noch ein kleines bißchen Hoffnung.
Konsequenterweise sollte es dann, auch gar keine Basis für irgendwelche Vorwürfe geben, die wirklich wichtig wären. Weder von meiner Seite, noch von Eurer, noch untereinander. Tut Euch das nicht an. Tut es mir nicht an, dass Ihr es Euch antut. Sie sind auch in der Tat gar nicht nötig.
Durchatmen. Es darf unbeschwert weitergehen.
Macht’s gut!
Und ich glaube, wir werden uns schon noch wiedersehen…


In Ergänzung dazu habe ich später dann noch meine persönlichen Wünsche bezüglich des Umgangs mit meinem Tod hinzugefügt:


Zuallererst ist da ein tiefer Wunsch in mir, der so absolut ist, dass er aus der Bescheidenheit und Zurückhaltung eines tiefen Wunsches heraustritt. Er ist nicht nur tief – er ist auch fordernd. Er tritt mit Macht an die Oberfläche und erhebt Anspruch in der Welt. Er ist so absolut, dass mich seine Nichtbeachtung aus Verzweiflung potentiell in den Zustand versetzen kann, der dem des strafenden, zornigen Gottes gleicht bzw. dem des wütenden Kindes. Er ist so absolut, dass ich bei Nichtbeachtung jede Freundschaft aufkündigen will.
Der Wunsch: Dass man im Zusammenhang mit meinem Tod nicht lügt, vor allem auf emotionaler Ebene, egal in welcher Situation, ob in einem privaten Gespräch oder auf einer eventuellen Trauerfeier. Jedes Maß an Heuchelei, jedes Verstecken der eigenen wahren Gefühle empfinde ich als Respektlosigkeit mir und der Existenz gegenüber. Wenigstens der Tod sollte endlich die Grenze markieren, bei der jeder sich jeder dazu entschließt, diese zum Teil grotesken Masken abzulegen, mit denen man sich „schützt“. Man muss sicherlich nicht alles nach außen tragen und mit anderen teilen – aber verstecke man wenigstens nicht die Tatsache, dass man etwas versteckt, wenn man meint, das eigene, wahre Innenleben ist gesellschaftlich nicht akzeptabel. Gegenüber mir gibt es jedenfalls überhaupt keine Pflicht. Wenn Euch aus irgend einem Grund in Angesicht meines Todes z.B. eine merkwürdige Heiterkeit befällt, na dann seid Ihr eben in heiterer Stimmung. Vielleicht berührt Euch ja sogar tiefes Glück und tiefe Seligkeit. Wer weiß? Ihr dürft davon ausgehen, dass ich mich darüber freuen würde. Auch eine absolute Lehre, ja vielleicht sogar eine Teilnahmslosigkeit ist selbstverständlich legitim. Was immer Ihr fühlt, oder nicht fühlt. Es ist okay. Wenn Ihr Euch unbedingt äußeren bzw. fremden Maßstäben unterwerfen wollt, dann nehmt doch mir zu Ehren einfach meinen: Im Zusammenhang mit meinem Tod ist nur eins ein Verbrechen: auf subtiler emotionaler und entsprechend subtiler kommunikativer Ebene zu lügen.
Ich wünsche mir, dass Ihr diese grundlegende Botschaft der Freiheit tief verinnerlicht und dass Ihr sie Euch dann zumindest auf meiner Trauerfeier mit genau der gleichen Feinheit, mit der der Mensch lügen kann, ständig gegenseitig „zuruft“. Die dezente Aufmunterung an den anderen, sich zu zeigen, und die Zusicherung, dass man mit dem, was gezeigt wird, sorgsam umgehen wird, soll schon allein in Eurem Blick liegen. Doch vergesse man diese konkrete Vorgabe ruhig wieder – diese könnte nämlich auch zu einem Verkrampfen führen. Das Wichtige ist die Grundbotschaft. Euer Verhalten sollte die natürliche Verlängerung des Verstehens dieser Grundbotschaft sein.
Natürlich würde ich mir diese Praxis auch ganz generell in der Gesellschaft verbreitet wünschen.

Für meine Bestattung nehme man bitte die absolut billigste Lösung und übe sich in Erhabenheit bezüglich dieser Randformalität. Im Grunde ist es mir aber ziemlich egal, welche Wahl hier nun wirklich getroffen wird. Ich mache hier nur eine Vorgabe, damit die, die sich darum kümmern, eine Entscheidung weniger zu treffen haben. Falls eine etwas teurere Variante für den ein oder anderen einen größeren Seelenfrieden bedeutet, braucht er nicht denken, entgegen meines letzten Willens zu handeln.


Heute, da ich diesen Beitrag ins Netz stelle, habe ich einigen Abstand zu diesem Potential.


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