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Allgemeine Hinweise
Montag, 16. Juli 2012
 Blatt / Kategorie: Liebe
Der folgende Text wird möglicherweise bald auf https://epetitionen.bundestag.de/ als Petition eingereicht werden.
Sollte ich dies bis zum 1. September dieses Jahres nicht getan haben, so möge jeder, der sich dazu berufen fühlt, diesen Text nehmen und ihn selbst als Petition einreichen. Eine Angabe der Quelle ist nicht erforderlich, außer der Text wird woanders im Web veröffentlicht. Eine weitere Verbreitung des Textes ist ausdrücklich gewünscht. Er kann beliebig genutzt werden, solange es sich um unentgeltlich zugängliche Projekte im Internet handelt. Diese Verfügung kann von mir natürlich widerrufen werden.


P.S: Der Text ist nur eine Vorform. Eine zweite Fassung ist in Arbeit.

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Der Bundestag möge beschließen, Sterbehilfe zu legalisieren.

Dem lebendigen Empfinden und gewissenhaften Verständnis der Unterzeichner dieser Petition nach gibt es keinen zwingenden Zusammenhang zwischen dem Schutz der "Würde des Menschen" und einem allgemeinen "Lebensschutz", der noch über den Willen desjenigen gestellt wird, der eigentlich beschützt werden soll. Der hier hergestellte Zusammenhang beruht auf einer individuellen Auslegung und Beantwortung grundlegender philosophischer Fragestellungen, deren Anspruch auf Allgemeingültigkeit nicht gerechtfertigt ist. Dem gegenüber bitten wir um eine stärkere Beachtung des Zusammenhangs zwischen der Anerkennung der Würde des Menschen und der Anerkennung seiner Eigenverantwortlichkeit.

Dem Empfinden und Verständnis der Unterzeichner dieser Petition nach wird die "Würde des Menschen" durch die empfindliche Beschränkung des Selbstbestimmungsrechts im Bereich der Sterbehilfe nicht geachtet – sondern missachtet. Leider aber findet in der gegenwärtigen Rechtspraxis diese empfundene Missachtung der Menschenwürde kein Gehör.

Dem Empfinden und dem Verständnis der Unterzeichner dieser Petition nach wird mit einem falschen Verständnis des Begriffes "Würde" operiert, insofern er als ein Konstrukt verstanden wird, das objektiv definierbar sei. Die Annahme eines metaphysischen Gegebenseins der "Würde des Menschen" ist zwar zulässig, der Anspruch, ihre Gestalt für andere zu sehen, sie besser als andere zu sehen, und das Gesehene obendrein für allgemein verbindlich zu erklären, ist nicht nur höchst fragwürdig und bedenklich für die jeweilige selbsternannte Autorität; es ist illegitim. Toleranz und Offenheit gegenüber anderen Sichtweisen in dieser Frage werden dadurch logischerweise an den Rand gedrückt bzw. bestehen nur noch in einem theoretischen Scheinraum ohne die Gelegenheit, sich praktisch ausleben zu dürfen.

Die gegenwärtig praktizierte Fixierung auf den sogenannten Lebensschutz, der wichtiger als das lebende Individuum gestellt wird, ist in mehrfacher Hinsicht fragwürdig. Die damit einhergehende Weltanschauung basiert auf einem stark materialistisch geprägten Menschenbild, das kaum Raum für die Annahme eines außerphysischen Lebens zulässt. Für viele Menschen ist ihre "Würde" aber gerade in diesem Teil ihrer selbst beheimatet. Eine mögliche "Ent-Würdigung" beginnt für sie bereits mit der Leugnung dieses Teils. Auch diesen Menschen muss die Möglichkeit gegeben werden, gemäß ihrer innersten Überzeugungen leben zu dürfen und ihren Glauben von religiöser Qualität durch ein Handeln ausdrücken zu können, das in erster Linie sie selbst betrifft.

Fragwürdig ist der "Lebensschutz" auch insofern, als dass hier ein "etwas" beschützt wird, das undefiniert ist. Unsere Kenntnis "des Lebens" reicht medizinisch betrachtet nicht über die Unterscheidung zwischen einem "lebenden" Körper und einem "toten" Körper hinaus. Dieser Kenntnisstand ist unserer Meinung nach zu wenig, um hoch gehangene Wertpostulate bezüglich "des Lebens" aufzustellen, das letztlich mit nicht mehr und nicht weniger als "lebenden Körpern" im medizinischen Sinne gleichgesetzt wird. Nebenbei bemerkt bezieht sich diese Lebensschutzphilosophie dabei nur auf Menschen, der Bezug auf "das Leben selbst" in seiner Allgemeinheit ist also in mehrfacher Hinsicht irreführend.

Die Unterzeichner dieser Petition sind der Überzeugung, dass man mit der gegenwärtigen Praxis dem "Heiligen" im Leben nicht im vollen Umfang gerecht wird.

Nicht zuletzt ist der praktizierte "Lebensschutz" unter Berufung auf das GG auch mit formalrechtlicher Herangehensweise fragwürdig, denn einen Paragraphen, der "das Leben selbst" über das lebende Individuum hinweg für einen Wert erklärt, gibt es nicht.

Die Unterzeichner dieser Petition haben das Bedürfnis, von einem Staat beschützt, bewacht, bestraft und geführt zu werden, der ein tieferes Verständnis der "Würde des Menschen" zulässt als es die gegenwärtige Auslegungspraxis tut. Die gegenwärtige Auslegungspraxis ist nach Ansicht der Unterzeichner u.a. ein Verstoß gegen den Grundsatz der Religionsfreiheit. Das GG muss für individuelle Auslegung zugänglich sein, da darin verwendete Begriffe wie "Würde", "Freiheit" und "Mensch" keineswegs einfach sind und die Auslegung dieser Begriffe von philosophischen und religiösen Standpunkten abhängt. Dem individuellen Empfinden und Verstehen des Individuums sowie ganzer Bevölkerungsgruppen muss Rechnung getragen werden. Dies gilt unbedingt dann, wenn es um Fragen von intimster und persönlichster Selbstbestimmung geht und fundamentale philosophische und religiöse Grundwerte den Ausschlag geben.

Die gegenwärtige Gesetzeslage im Bereich der Sterbehilfe und ihre argumentative Verteidigung unter Berufung auf vermeintlich objektive Werte und eine vermeintlich objektive Auslegung des GG ist eine Zumutung für viele selbstbestimmte und tief fühlende und denkende Menschen.

Wir fordern daher, die künstliche und ausschließliche Verbindung zwischen der Würde des Menschen und einem rein materialistisch orientierten Lebensschutz aufzugeben, sich zumindest dort für andere Denkweisen zu öffnen, wo es um die Selbstbestimmung geht, und dies in entsprechenden Gesetzesänderungen auszudrücken.

Sofern dieser Argumentation nicht gefolgt werden kann oder will – möglicherweise auch mit der Behauptung, dass das GG eine entsprechende Praxis nicht zuließe –, fordern wir, die entsprechenden Änderungen am GG vornehmen zu lassen.

Vom Petitionsausschuss erwarten wir im Falle einer Ablehnung eine stichhalte Begründung seiner Entscheidung. Insbesondere möge dann auf die von uns so empfundene Missachtung unserer Würde durch die Einschränkung unserer Selbstbestimmung eingegangen werden.

Der Hinweis auf theoretisch mögliche Missbrauchsszenarien halten wir nicht für ein Gegenargument, denn wir erwarten von der Politik, sich die Mühe zu machen, den Missbrauch im individuellen Einzelfall zu bekämpfen. Durch Forderung einer zweifelsfreien Beweislage bezüglich der Freiwilligkeit im Sterbewunsch, die intensivere Begleitung von chronisch kranken Menschen und zusätzliche Präventivmaßnahmen könnte ein Missbrauch effektiv bekämpft werden. Engagierte Politiker können hierzu viele Konzepte entwickeln.

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